Gesundheit Nord Klinikverbund Bremen

Seltene Erkrankungen (1): Tumor im Tarnmantel

Gesundheit

Neuroendokrine Tumore gehören zu den seltensten Krebserkrankungen und lassen sich nicht immer leicht erkennen. Was das besondere an den Tumoren ist, erklärt Prof. Dr. Ruben Plentz im ersten Teil unserer Serie "Seltene Erkrankungen".

Der jüngste Fall liegt für Prof. Dr. Ruben Plentz und sein Team der Inneren Medizin im Klinikum Bremen-Nord noch gar nicht so lange zurück. Anfang des Jahres war es, als bei einer Patientin ein neuroendokriner Tumor entdeckt wurde. Es handelt sich dabei um eine extrem seltene Erkrankung. „Von 100.000 Menschen, was ja ungefähr der Einwohnerzahl von Bremen-Nord entspricht, sind statistisch gesehen zwei bis vier Menschen betroffen“, erläutert Plentz. Die Tumorzellen sitzen meist im Dünndarm oder der Bauchspeicheldrüse, können aber auch im Dickdarm, Blinddarm, im Magen oder auch in der Lunge auftreten.
 

„Es ist nicht leicht, diese Tumore zu entdecken“, sagt Plentz. Denn sie sind gewissermaßen im Tarnmantel unterwegs. Neuroendokrine Tumore haben wenig mit Neurologie zu tun, sie sehen unter dem Mikroskop aber aus wie Nervenzellen (Neuro) bzw. können wie Drüsen (endokrin) funktionieren – daher der Name. Durch die Seltenheit kann man bei der Diagnose schnell auf eine falsche Fährte gelockt werden. Plentz gibt ein Beispiel: „Wenn man draußen Hufe auf der Straße hört, geht man erst einmal von einem Pferd aus. Und man wäre überrascht, wenn man beim Blick nach draußen dann ein Zebra entdecken würde.“

Neben modernen bildgebenden Verfahren der Radiologie spielt bei neuroendokrinen Tumoren die Pathologie eine ganz besondere Rolle. Durch eine sogenannte immunhistochemische Färbung können die entsprechenden krankhaften Zellen durch eine Reaktion in der Gewebeprobe sichtbar gemacht werden. Während nicht funktionelle Tumore dieser Art erst in einem späten Stadium zu Beschwerden oder Schmerzen führen, arbeiten funktionelle oft wie endokrine Drüsen. Sie können Hormone wie Insulin, Gastrin oder Serotonin produzieren. Diese Überproduktion kann sich dann als Unterzuckerung, häufigen Durchfall, Pulsrasen oder wiederkehrende Gesichtsröte äußern. Insbesondere wenn es sich um einen Tumor handelt und noch nicht um ein Karzinom – der Unterschied liegt in der Zahl der Krebszellen – dann ist die Krankheit gut zu behandeln. Meist treten sie im höheren Lebensalter auf und können bei früher Diagnose auch operativ entfernt werden.

Gelingt dies aber nicht vollständig oder ist die Anzahl der Tumorherde zu groß, gibt es weitere Therapiewege wie Anti-hormonelle Ansätze oder eine Chemotherapie, um die Hormonproduktion zu minimieren und Tumorzellen auszulöschen. „Diese Tumorart wächst vergleichsweise recht langsam“, sagt Plentz und gibt einen Ausblick. „Mit einer konsequenten Behandlung kann die Ausbreitung der Erkrankung über viele Jahre verzögert werden.“

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5 von 10.000 Menschen

Wenn von 10.000 Menschen nicht mehr als fünf Personen von einer Erkrankung betroffen gilt sie als selten. Insgesamt gibt es 6.000 verschiedene seltene Erkrankungen quer durch alle Fachbereiche. In unserer neuen Serie „Der seltene Fall“ erklären Ärztinnen und Ärzte des Klinikverbunds einige von ihnen.

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