Gesundheit Nord Klinikverbund Bremen

Medizincontrolling: „Es kommt auf viele Feinheiten an“

Schichtwechsel

Das Medizincontrolling ist ein Bereich, den die meisten im Krankenhausalltag nur selten auf der Rechnung haben. Dabei ist er eine entscheidende Schnittstelle, wenn es darum geht, die Vergütung von Behandlungen und Untersuchungen zu sichern. Zu Besuch bei Ingo Heisel und seinem Team

 

Zu Beginn möchte Ingo Heisel am liebsten gleich mal mit einem Missverständnis aufräumen. „Wir werden im Unternehmen oft mit dem Finanzcontrolling verwechselt. Aber das sind zwei ganz unterschiedliche, eigenständige Bereiche mit ganz verschiedenen Aufgaben“, sagt der Leiter des Medizincontrollings in der Gesundheit Nord. Um ziemlich viel Geld geht es aber auch bei der Arbeit des Medizincontrollings. Das Team berät unter anderem Kliniken und Kodierfachkräfte, damit dem Krankenhaus möglichst keine Einnahmen für erbrachte Behandlungen durchrutschen. Und es prüft und verteidigt Rechnungen, wenn sie von den Krankenkassen beanstandet werden. So viel in der Kurzform.

„Es gibt im Grunde nicht das Medizincontrolling. Das wird in vielen Klinikkonzernen ganz unterschiedlich definiert“, sagt Ingo Heisel. In jedem Fall aber ist es ein Bereich, den man von außen oft wenig bis gar nicht im Blick hat, der aber eine grundlegend wichtige Rolle im Krankenhausalltag spielt. Schaut man auf die Arbeit des Medizincontrollings in der Gesundheit Nord, wird sichtbar, was alles zu einem einzelnen Krankenhausfall dazu gehört und wovon Patientinnen und Patienten in der Regel gar nichts mitbekommen. Denn hinter dem obersten Ziel, dass die Menschen in einer Klinik sehr gut versorgt werden, ist es für ein Krankenhaus längst auch von großer Bedeutung, dass die meist aufwendige und komplexe Behandlung auch finanziell nicht ins Leere läuft.

Pro Behandlungsschritt kann es um viele Tausend Euro gehen

„Ein Klinikum ist heute längst nicht nur Gesundheitsdienstleister, sondern muss natürlich auch wirtschaftlich arbeiten“, sagt Heisel. Die Behandlung ist das, womit ein Krankenhaus seine Einnahmen erwirtschaftet. Und bei jedem Befund, jeder Diagnose, jedem Eingriff gibt es ein festes Schema, welche Leistungen gültig sind und später von den Krankenkassen bezahlt werden und welche nicht. Das DRG-System ist dafür die Grundlage – oder auf die Psychiatrie bezogen das PEPP-System (Pauschales Entgeltsystem Psychiatrie und Psychotherapie). „Es kommt dabei auf ganz viele Feinheiten an“, sagt Heisel.

Damit nicht weniger abgerechnet wird, als man tatsächlich geleistet hat, oder aus Versehen sogar zu viel, muss bei der Abrechnung am besten alles sitzen. Das Team von Ingo Heisel kodiert zwar nicht selbst, hat dafür aber den besten Überblick, wo sich Missverständnisse auftuen können, wo der Klinik vielleicht sogar große Einnahmen entgehen, weil bei der Dokumentation nur Kleinigkeiten ungenau waren. „Das können bei einzelnen Behandlungsschritten auch mal viele Tausend Euro sein“, sagt Heisel. Werden Rechnungen von der Krankenkasse über den Medizinischen Dienst aber beanstandet, landet der Fall auch beim Medizincontrolling. Dann geht es in die Auseinandersetzung, vom Schlichtungsverfahren bis hin zur Verhandlung vor dem Sozialgericht. War die Nierenentzündung als Nebendiagnose längst bekannt oder wurde sie neu diagnostiziert. Sind die weiteren Schritte medizinisch begründbar und schlüssig? War die Verweildauer, also die Zeit, die ein Patient zur Versorgung im Krankenhaus liegt, angemessen? Das Team schlüpft dann in die Rolle eines Detektivs. Gleichzeitig ist das Team aber auch an Fristen gebunden, zu denen eine Rückmeldung fällig wird.

Erfahrung aus Pflege- und Medizinalltag unverzichtbar

„Die Arbeit ist sehr vielfältig – und Erfahrung aus dem Pflege- oder Medizinalltag im Grunde unverzichtbar“, sagt Monika Klass, die früher selbst als Medizinische Fachangestellte und später als Kodierfachkraft in der Psychiatrie und Psychotherapie gearbeitet hat. Ohne das Fachwissen aus dem Stationsalltag könne man sich nur mit extrem viel Fleißarbeit in die vielen Details hineinarbeiten. Das Team des Medizincontrolling besteht durchweg aus Fachkräften - also Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften sowie Medizinischen Fachangestellten; aus Leuten, die genau wissen, worüber sie reden und die ihre Argumente oft auf ihrer Seite haben, wenn es um Diagnosen, Verläufe und die logischen Schritte einer Behandlung geht. Heisel selbst ist Intensiv- und Anästhesiepfleger. Jörg Eilers, ebenfalls seit vielen Jahren im Medizincontrolling, hat lange Zeit als Arzt in der Dermatologie gearbeitet. „Wir sind ein richtig gutes Team, das sich mit der jeweiligen Expertise prima ergänzt und in dem es wirklich Spaß macht zu arbeiten“, betont Eilers.

Der Draht in die Krankenhäuser ist für sie weiter kurz. Gerne möchten sie ihre Arbeit aber noch transparenter machen, damit deutlicher wird, was sie hier leisten – und nicht – wie es mitunter vorkommt – nur von denen aus der Kurfürstenallee die Rede ist. Leiter Ingo Heisel weiß: „Wir arbeiten zwar nicht mehr am Bett oder stellen Diagnosen, aber wir leisten als Team trotzdem einen ungemein wichtigen Beitrag, damit es dem Unternehmen wirtschaftlich besser geht.“ Und das machen er und sein Team jeden Tag mit vollem Einsatz.

 

Drei Statements: Was das Team des Medizincontrollings an seiner Arbeit schätzt

 

Detektivarbeit mit Teamgeist

„Unser Arbeitsfeld ist sehr komplex und spannend. Die Fälle, die wir bearbeiten, sind sehr verschieden. Man geht in die Details, fuchst sich genau in eine Sache hinein, leistet gewissermaßen Detektivarbeit. Als Team unterstützen wir uns hier gegenseitig. Es ist schöner Ansporn auf diese Weise dazu beizutragen, möglichst das Beste für das Krankenhaus herauszuholen.“

Jörg Eilers, Medizincontroller und Dermatologe

 

In den Prozess hineinversetzen

„Als MFA und später auch als Kodierfachkraft habe ich wichtige Erfahrungen gesammelt, die mir heute sehr helfen. Ich kann mich in den gesamten Prozess – von der Aufnahme bis zur Entlassung – in die Situationen hineinversetzen. Das ist für mich ein riesiger Vorteil für meine Arbeit im Medizincontrolling.“

Monika Klass, Kommissarische Abteilungsleitung Reklamationsbearbeitung und Medizinische Fachangstellte

 

Bereich mit großer Strahlkraft

„Das Medizincontrolling hat eine große Strahlkraft in ganz viele Bereiche des Unternehmens. Ein guter und enger Draht zum Beispiel zum Qualitätsmanagement oder zur Finanzabteilung ist für unsere Arbeit enorm wichtig – und das macht sie dadurch noch interessanter.“

Ingo Heisel, Leiter Medizincontrolling, Gesundheitsökonom und Fachkraft für Intensiv- und Anästhesiepflege

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