Gesundheit Nord Klinikverbund Bremen

Ein Leben mit Insulin und Traubenzucker

Patientengeschichten

Wie der siebenjährige Mattis Grote seine Diabetes-Erkrankung gemeinsam mit der Familie meistert

Diabetes mellitus Typ I ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kinder- und Jugendalter. Sie betrifft knapp 32.000 Kinder und Jugend- liche in Deutschland. Ein Kind von rund 670 ist betroffen. Und jährlich steigt die Zahl der Erstdiagnosen. Aber was bedeu- tet die Diabetes-Erkrankung eines Kindes für die Familie? Wir haben Familie Grote aus Bremen zu Hause getroffen und uns erzählen lassen, wie sie mit der Erkran- kung ihres Sohnes im Alltag umgehen. Mattis ist sieben und seine ganze Lei- denschaft gehört dem Fußball. Dreimal pro Woche trainiert er.

Als wir zu Besuch kommen, sortiert er gerade mit einer Freundin Fußballkarten. Seine beiden kleinen Geschwister toben durchs Haus. Der ganz normale Familienwahnsinn also. Immer in Reichweite liegt Mattis’ Handy. Es zeichnet über eine App lau- fend die Zuckerwerte auf, die der Sensor, den Mattis am Arm trägt, über Bluetooth sendet. Piept das Handy, ist der Wert zu hoch oder sehr bald zu niedrig. In beiden Fällen muss Mattis reagieren – entweder mit Saft oder Traubenzucker oder mit einer zusätzlichen Insulingabe über die Pumpe, die an seinem Bauch angebracht ist. „Vieles kriegt er inzwischen schon gut alleine hin, aber wir haben natürlich im- mer ein Auge darauf “, sagt Mutter Britta Grote, auf deren Handy die Alarme eben- falls auflaufen.

Dass die Diabetes-Erkrankung eines Kindes ein Projekt für die ganze Familie ist, kann Familie Grote nur bestätigen. Mattis lebt seit fünf Jahren mit der chronischen Erkrankung – er und die ganze Familie. Denn – der Diabetes hat nie Pause. Beim Kindergeburtstag nicht, im Urlaub nicht, in der Schule nicht und auch nicht nachts. Mattis kennt die Alarme, er kennt die Verlaufskurven und fühlt die Unterzuckerungen – zum Teil sogar schon, bevor der Alarm ertönt.

Die Krankheit macht keine Pause

Dank modernster Technik muss er sich nicht mehrmals täglich in den Finger pieksen, um zu wissen, wie hoch sein Zuckerspiegel gerade ist. „Das ist eine große Erleichterung für uns alle“, sagt Britta Grote, aber man müsse diese Technik auch be- dienen können, sie anpassen und wissen, was zu tun sei, wenn ein Alarm auflaufe.

Den Alltag mit Jobs, drei Kindern und dem „vierten Kind“, dem Diabetes – wie die Familie sagt –, können alle inzwischen ganz gut meistern. In der Schule steht Mattis eine Assistenz zur Verfügung, die die Werte überwacht, das schnell wirkende Insulin mit ihm ein- stellt, bevor es zum Essen geht, und die Insulin-Abgaben reduziert, wenn Sport auf dem Plan steht. Nur ist das Leben nicht immer so vorhersehbar. Neulich hat Mattis viel schnell wirkendes Insulin bekommen, weil Pfannkuchen auf dem schulischen Speiseplan standen. Dann aber gab es Fisch und Reis und Mattis wollte davon nichts essen. Damit er nicht unterzuckert, geben ihm seine Eltern für solche Fälle immer Joghurt und Müsliriegel mit.

Elki als dauerhafter Partner

„Bei Kindern gehen die Werte oft ziemlich rauf und runter, da muss man immer dranbleiben“, sagt Dr. Silke Herrlinger, Leiterin der Diabetologie des Eltern-Kind-Zentrums Prof. Hess. Sie behandelt Kinder und Jugendliche mit Diabetes von der Geburt bis zum Erwachsenwerden und manchmal auch noch darüber hinaus. Es gibt zwei Stationen, eine Tagesklinik und die Diabetes-Ambulanz, in die etwa 250 Kinder und Jugendliche regelmäßig zur Kontrolle kommen. Zu ihnen gehört auch Mattis.

An die ersten Wochen nach Erstellung der Diagnose kann sich Mattis nicht mehr erinnern – er war gerade zwei Jah- re alt. Seine Eltern hingegen noch sehr gut. Der Umzug ins eigene Haus stand kurz bevor, aber zuvor musste noch ei- niges renoviert werden. Viel Stress also.

Dass der kleine Sohn plötzlich immer mehr trank, fiel den Eltern erst nach ein paar Wochen auf. Es war August. Es war heiß. Doch die Diagnose des Kinderarz- tes war eindeutig. Er überwies die Grotes sofort in die Kinderklinik. Mattis und Britta Grote blieben 14 Tage dort, ihr Mann Thorsten Beha kümmerte sich um den bevorstehenden Umzug. Und dann saß das junge Paar mit seinem kleinen Sohn, vielen Kartons und ohne Fußboden im neuen Heim und fühlte sich an- fangs etwas überfordert.

„Es dauert schon einige Zeit, bis sich die ganze Situation stabilisiert und man die nötige Routine entwickelt hat“, sagt Diabetologin Dr. Herrlinger. Sie und ihr Team haben nicht nur das Medizinische im Blick, sie möchten auch das Selbstvertrauen der Eltern und Kinder

stärken. Ihr Ziel ist es, dass die Kinder mit der Erkrankung ein normales Leben führen und ebenso viel entdecken und ausprobieren können wie ganz gesunde Kinder auch. Und das Team ist auch eine Anlaufstelle für Ängste und Sorgen. Das war in Corona-Zeiten nicht immer einfach, weil vieles nicht mehr so ging wie gewohnt. „Durch Corona habe ich mit Video-Sprechstunden angefangen, was dank der neuen Technologien in der Diabetestherapie sehr gut geht“, sagt die Diabetologin.

Wie Mattis Mutter kann auch sie seine Werte online einsehen und sich jeder- zeit ein Bild machen. Aber Corona habe den regelmäßigen Austausch an anderer Stelle auch schwieriger gemacht und für viele Familien neue Belastungen durch veränderte Tagesabläufe und viel Stress mit sich gebracht.

Mattis ist mit Unterstützung seiner Familie und dem Team der Diabetes- Ambulanz am Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess auf einem guten Weg. Nur wenn die Werte ernsthafte Probleme machen würden, wäre ein stationärer Aufenthalt nötig. Wie der weitere Weg mit der chronischen Erkrankung für ihn persönlich weitergeht? Das kann niemand so genau vorhersagen. Nur, dass die Krankheit eine ständige Begleiterin auf seinem Lebensweg bleiben wird. Aber für Mattis ist sie längst Normalität geworden. 

Hier geht es direkt zur Seite des Eltern-Kind-Zentrums Prof. Hess

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