Gesundheit Nord Klinikverbund Bremen

Rätselhafter Lungenkollaps, besondere Diagnose

Patientengeschichten

Der 16-jährige James Wright ist ein aufstrebender Skater. In den vergangenen Monaten muss der junge Bremer jedoch einen Contest bestehen, bei dem es nicht mehr um sportliche Erfolge geht sondern um sein Leben und seine Gesundheit.

James Wright hat viel vor. Der 16-Jährige Bremer hat sich gerade einem guten Oberschulzeugnis für die Oberstufe beworben. Nächstes Etappenziel: Abitur. Aber das nur nebenbei. Im Mittelpunkt steht immer sein Sport. James ist Skater, leidenschaftlich und überaus erfolgreich. Mit neun Jahren hat er sein erstes Board bekommen, mit elf startete er richtig durch. Richtig heißt in seinem Fall Siege und Platzierungen bei deutschen und internationalen Skate-Contests. Er bekommt eine individuelle Talentförderung des Landes Bremen, hat einen eigenen Trainer, wird von zwei Unternehmen gesponsort, betreibt einen Instagram-Kanal, auf dem er seine Videos postet, und will es nach dem Abi am besten in den Olympia-Kader schaffen. Dafür brennt er, dafür trainiert er mehrmals wöchentlich. Alles läuft gut auf diesem Weg – hätte er nicht im Sommer 2022 plötzlich Schmerzen in der Lunge bekommen. Damit startet für James und seine Familie ein Contest ganz anderer Art – aber auch den meistern sie. Eigentlich ist James topfit und motiviert, als er im Sommer seinen Run in Hamburg startet. Wenn nur die Schmerzen in der Lunge und im Rücken nicht wären. Zwei Tage schon. Aber eine medizinische Untersuchung hatte nichts ergeben. Er zieht den Wettkampf durch. Es ist heiß, die Aufregung, die Anstrengung. Vielleicht ist es das, beruhigt er sich. Beim zweiten Run bekommt er jedoch Atemnot. Das alles legt sich wieder und James fühlt sich „eigentlich wieder ganz gut, nur etwas müde“, so erinnert er sich. Aber Mutter Dasha ist so besorgt, dass sie ihn gleich nach dem Wettkampf ins Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess am Klinikum Bremen-Mitte fährt.

Plötzlich auf der Intensivstation

Noch am selben Abend liegt James auf der Intensivstation. Das Ärzteteam im Eltern-Kind-Zentrum ist entsetzt, als es den ersten Blick auf das Röntgenbild wirft: Zu sehen ist ein Pneumothorax – ein vollständiger Lungenkollaps. Das ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, bei der es zu einer krankhaften Luftansammlung im Brustkorb zwischen dem inneren und dem äußeren Lungenfell kommt, wo sich keine Luft befinden darf. Dies hat ein Zusammenfallen des Lungenflügels und damit eine unzureichende Atemfunktion zur Folge. Das ist auch bei James so. Sein linker Lungenflügel ist komplett zusammengefallen. Es wird eine Drainage gelegt, um die Luft abzusaugen. Für Dr. Petra Kaiser-Labusch, Oberärztin und Pneumologin im Eltern-Kind-Zentrum, passte aber der relativ gute Allgemeinzustand ihres jungen Patienten und die Tatsache, dass die Schmerzen schon zwei Tage zuvor aufgetreten waren, nicht so richtig zu dem dramatischen Röntgenbild. Ihr kommt ein Verdacht. „Normalerweise ist ein Spannungspneumothorax ein Ereignis von jetzt auf gleich und dann muss der Notarzt gerufen werden, der Betroffene kommt sofort in den Schockraum und innerhalb von 30 Minuten sollte die Luft abgesogen sein, um den Lungenflügel zu retten, sagt Kaiser-Labusch. Aber bei James sei alles viel schleichender verlaufen. „Das war für mich ein Stolpermoment und solche Momente sind wichtig für uns Ärztinnen und Ärzte auf dem Weg zur richtigen Diagnose“, so die Oberärztin. Ihre Kolleginnen und Kollegen hatten Dasha Wright bereits ausführlich zur Familiengeschichte und erfahren, dass in ihrer Familie über Generationen immer wieder gutartige Nierenzysten, winzige Hautzysten und auch Lungenzysten mit Pneumothorax- Erkrankungen aufgetreten waren. Kaiser-Labusch veranlasst einen Gentest, sechs Wochen später wird James Spezialisten in der Uniklinik München vorgestellt. Die Untersuchung bringt dann die Gewissheit, dass die Ärztin mit ihrer Vermutung richtig lag – James hat, wie auch seine Mutter, das Birt-Hogg-Dubé Syndrom, eine sehr selten auftretende genetische Erkrankung, von der weltweit nur etwa hundert Familien betroffen sind. Bei dieser Erkrankung kommt es eben zu einer vermehrten Zystenbildung vor allem in Niere und Lunge. Von diesen Zysten ist in James Lunge eine geplatzt und hat so den Pneumothorax ausgelöst. Aus München heißt es, Dr. Kaiser-Labusch verdiene alle Lorbeerblätter dieser Welt für diese rasche richtige Diagnose, die in den meisten Fällen Jahre dauerte.

Zysten müssen entfernt werden

Dasha Wright ist froh, dass sie im Eltern-Kind-Zentrum sofort an der richtigen Stelle waren: „Wir sind so dankbar für alles. Ob pflegerisch oder medizinisch – die haben einfach alle alles gegeben“, sagt sie. Noch während über eine weitere Therapie beraten wird, erleidet James beim Training im Fitness-Studio einen zweiten vollständigen Pneumothorax und muss wieder auf der Intensivstation im Eltern-Kind-Zentrum behandelt werden. Jetzt ist klar - er kommt nicht um eine Operation herum. Es sind zu viele Zysten in der Lunge. „Glück im Unglück war, dass sich alle Zysten nur auf dem linken unteren Lungen-Lappen entwickelt haben“, sagt Petra Kaiser-Labusch. Diese werden in einer Spezialklinik in Hamburg rausgenommen und der Lungenflügel mit einer so genannten „Talkum-Verklebung“ an das Rippenfell geklebt, so dass er nicht mehr in sich zusammenfallen kann. „Damit sollte James von jetzt an beschwerdefrei sein“, sagt Petra Kaiser-Labusch. Natürlich wird in einem jährlichen Check überprüft, ob sich neue Zysten in Lunge oder Niere gebildet haben. Ansonsten aber steht der Skater-Karriere, zumindest was die Gesundheit anbetrifft, nichts mehr im Weg.

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