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Die CAR-T-Zelltherapie war ihre Rettung

Patientengeschichten

Das Klinikum Bremen-Mitte behandelt seit diesem Jahr erstmals Patienten mit der sogenannten CAR-T-Zelltherapie. Immunzellen werden dabei genetisch so umprogrammiert, dass sie Krebszellen zerstören können. Für Patientinnen wie Renate Fokken war die Therapie im Onkologischen Zentrum der Lebensretter.

Seit einigen Wochen ist Renate Fokken wieder zuhause. „Ich kann zunehmend wieder ein normales Leben führen“, sagt die 70-jährige Bremerin. Dass sie das heute so sagen kann, war für sie vor gar nicht allzu langer Zeit noch unvorstellbar. Vor gut eineinhalb Jahren hatte Renate Fokken eine niederschmetternde Diagnose erhalten: ein malignes Lymphom – also eine bösartige Krebserkrankung des lymphatischen Systems – war bei ihr festgestellt worden. Es durfte keine Zeit verloren gehen. Nach einer ersten Chemotherapie und anfänglicher Besserung folgte jedoch alsbald der Rückfall. „Es schien nicht heilbar. Die Werte explodierten wieder. Der Krebs breitete sich wieder aus“, sagt Renate Fokken. Ein anderer Weg musste her. Und sie fand ihn am Klinikum Bremen-Mitte. Dort im Onkologischen Zentrum bekam sie nun als eine der ersten Patientinnen in Bremen die sogenannte CAR-T-Zelltherapie - ein revolutionäres Verfahren, das bisher vor allem nur in den großen Uni-Kliniken etabliert ist.

Bei dieser personalisierten Immuntherapie werden dem Körper sogenannte T-Zellen entnommen. Dabei handelt es sich um weiße Blutkörperchen, die für die Immunabwehr mitverantwortlich sind. Die entnommenen Zellen werden genetisch so umprogrammiert, dass sie mit einem bestimmten Rezeptor (CAR = Chimärer Antigen-Rezeptor) ausgestattet dann als CAR-T-Zellen wieder injiziert werden, sie die Krebszellen im Körper erkennen und sie gezielt bekämpfen können.

„Wir schaffen ein lebendes Medikament, das im Körper bleibt“

„Wir versetzen die Zellen so in die Lage, die Krebszellen zu zerstören“, sagt Oberärztin Dr. Laura Groneck, die das Therapieprogramm mit ihrem Team in den vergangenen Jahren am Klinikum Bremen-Mitte aufgebaut und nun etabliert hat. In Europa wurde das Verfahren 2018 erstmals angewandt, hat sich seither vor allem an großen Universitätskliniken etabliert. „Diese Therapie wollten wir unbedingt auch hier in Bremen anbieten“, sagt Groneck. Die Strukturen im Onkologischen Zentrum seien samt ausgezeichneter hämatoonkologischer, neurologischer und intensivmedizinischer Versorgung sowie einer Spezialambulanz bereits vorhanden gewesen.

„Nun sind wir sehr froh, dieses Ziel erreicht zu haben“, sagt Prof. Maher Hanoun, der im Juli dieses Jahres die Leitung des Onkologischen Zentrums von Prof. Bernd Hertenstein übernommen hat. Prof. Hanoun kam von der Uniklinik Essen, einem der größten CAR-T-Zellzentren Deutschlands, nach Bremen. Die Therapie sei eine der größten Revolutionen in der Krebstherapie der letzten Jahre. „Wir schaffen mit den umprogrammierten T-Zellen praktisch ein lebendes Medikament, das im Körper bleibt und gegen den Krebs kämpft“, so Prof. Hanoun. Diese Art der Therapie komme bisher bei Lymphom-, Myelom- und Leukämie-Patienten zum Einsatz. Die Patienten müssten bestimmte Voraussetzungen mitbringen, die genau geprüft würden. „Die Hoffnung ist, dass dieses Verfahren künftig auch bei anderen Krebsformen routinemäßig angewandt werden kann“, sagt Prof. Hanoun.

"Glücklichsein nicht vergessen - so schwer es auch fällt"

Für Renate Fokken war die Therapie die Rettung und ohne Alternative. Vor wenigen Jahren wäre eine Behandlung auf diese Art noch gar nicht möglich gewesen. „Für mich war es zudem ein großer Vorteil, vor Ort behandelt werden zu können und dafür nicht nach Göttingen oder Hannover zu müssen“, sagt Renate Fokken. Vor allem aber sei sie unglaublich erleichtert gewesen, dass ihr mit ihrer schweren Krebserkrankung überhaupt geholfen werden konnte. „Denn natürlich kommen in dieser Zeit auch Gedanken in einem hoch, ob man dies und jenes im nächsten Jahr überhaupt noch erleben wird. Aufgeben war aber keine Option“, sagt Renate Fokken. „Und genau das Gefühl hatte ich auch beim Klinikteam. Ich habe mich einfach gut aufgehoben gefühlt.“

Dieser realistische Optimismus, wie Renate Fokken ihn nennt, habe ihr enorm geholfen, diese schwere Zeit durchzustehen. Während der begleitenden Chemotherapie musste sie so manches Tief durchleben. „Es war sehr anstrengend und belastend. Wie ein dauerhafter Jetlag“, sagt sie. Aber insbesondere ihr Mann und viele Freunde und Bekannte, haben ihr immer wieder Kraft gegeben. Und sie hat sich an einen Satz erinnert, den sie sich in der hilflosen und dunklen Anfangszeit der Erkrankung immer wieder gesagt hatte. „Du darfst das Glücklichsein nicht vergessen – so schwer einem das auch fällt – aber es gibt immer den einen oder anderen Moment im Alltag, der dich hochhält.“ Erst recht war es schließlich der Moment, als klar wurde, dass die Therapie tatsächlich anschlug, die Krebszellen in ihrem Körper immer weniger wurden. Nun befindet sich Renate Fokken noch in der Nachsorge, kommt regelmäßig zu Kontrollterminen ins Klinikum Bremen-Mitte. „Die Krebserkrankung ist nicht mehr aktiv“, sagt sie. Ein Satz, der für sie vor wenigen Monaten noch so weit weg schien.

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