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„Muttermilch ist durch nichts Gleichwertiges zu ersetzen“

Gesundheit

Am 29. September startet die Weltstillwoche unter dem Motto „Du entscheidest. Nicht die Werbung“. Wir haben mit der Christina Law McLean, Still- und Laktationsberaterin am Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess über die vielen Vorteile von Muttermilch gesprochen und darüber, was die Frauen bei ihrer Entscheidung, zu stillen, beeinflusst.

Frau Law McLean, laut Robert-Koch-Institut möchten 82 Prozent der Frauen ihr Baby von Beginn an stillen. Welche Erfahrungen haben Sie als Still- & Laktationsberaterin im Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess gemacht? 
Christina Law McLean: Da haben wir gefühlt sogar eine noch etwas höhere Quote. Bis auf wenige Ausnahmen möchten fast alle Frauen ihr Neugeborenes stillen. Das ist natürlich erst einmal sehr schön. Allerdings sinkt die Quote im Laufe der ersten Wochen und Monate merklich nach unten.

Welche Gründe hat das? 
Es kann unterschiedliche Gründe haben, warum das Stillen im Laufe der Monate unterbrochen, die Mütter zugefüttern oder sogar ganz abgestillt wird – und so die empfohlenen sechs Monate ausschließliches Stillen nicht erreicht werden. Manche Frauen leiden im Verlauf unter wunden, schmerzenden Brustwarzen, manche fühlen sich durch Stillprobleme überfordert oder allgemein überlastet. Bei anderen reicht schlicht die Milch nicht komplett aus und sie füttern zu oder steigen ganz auf Industriemilch um.

 

Ist das eine gute Alternative? 
Die Hersteller künstlicher Babynahrung werben natürlich sehr um die Gunst der Mütter. Aber natürliche Muttermilch ist einfach durch nichts Gleichwertiges zu ersetzen. Sie bietet ein Facettenreichtum vielfältiger Inhaltsstoffe, wie es kein Industrieprodukt kann. Muttermilch enthält beispielsweise Wachstumsfaktoren und fördert dadurch die Reifung des kindlichen Darms. Und sie enthält Antikörper und Abwehrstoffe, die zum Beispiel Infektionen abwehren und auch langfristig das Risiko für chronische Erkrankungen im Laufe des Lebens minimiert. Nicht zu vernachlässigen ist der psychosoziale Aspekt des Stillens.

Inwieweit? 
Das Stillen fördert eine enge Bindung zwischen Mutter und Kind ganz immens. Es wirkt also auch im Hinblick auf eine gesunde, psychische Entwicklung. Es kann sogar auch eine Unterstützung bei Frauen sein, die ein Baby adoptieren und durch das Stillen von Beginn an eine noch innigere Bindung aufbauen möchten

Aus welchen Gründen entscheiden sich Frauen gegen das Stillen? 
Einerseits gibt es medizinische Gründe, zum Beispiel eine akute Chemotherapie der Frau, die das Stillen in dieser Zeit nicht möglich macht oder das Brustgewebe durch eine Krebserkrankung nicht mehr vorhanden ist. Aber es sind auch psychosoziale Gründe, z.B. wenn Mütter zu viel Druck aus dem engsten Umfeld erfahren, dass sie unbedingt stillen sollen – sich aber gerade dadurch eine gedankliche Blockade entwickelt und es sich nicht mehr nach einer eigenen Entscheidung anfühlt. Gerade wenn bereits in der Schwangerschaft Zweifel am Stillwunsch bestehen kann eine professionelle Stillberatung bereits vor der Geburt bei der Entscheidungsfindung helfen.

Was tun Sie mit Ihrem Team, um das Stillen zu fördern? 
Wir klären in persönlicher Stillberatung auf Station im Wochenbett oder nach Entlassung in unserem neuen „Fietes Milch-Treff“ im Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess (welches ab 07. November öffnet) über die unzähligen Vorteile auf, setzen die Frauen dabei aber nicht unter Druck sondern ermutigen sie zu einer eigenen Entscheidungsfindung. Wir unterstützen die Mütter auch bei aufkommenden Problemen, geben Tipps wie das Stillen doch klappen kann und beziehen auch die Partnerinnen und Partner ein, ihre Frau dabei zu unterstützen. In unserem Milch Treff sind natürlich auch Eltern willkommen welche Zufüttern oder abgestillt haben. Schließlich ist es ihre eigene Entscheidung und nicht die der Babynahrungs-Industrie, die Müttern mit ihrem größer werdenden Marketing nahelegt, dass ihr Produkt das richtige sei. Dieses Thema ist daher auch das Motto der diesjährigen Weltstillwoche.

Frauenmilchbank für Frühgeborene 

Wenn ein Baby deutlich zu früh auf die Welt kommen, kann seine Mutter oft noch nicht genügend Muttermilch bereitstellen. Statt auf künstliche Nahrung setzt man in der Neugeborenen-Medizin auf Milch von Spenderinnen. Das Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess hat dafür eine eigene Frauenmilchbank aufgebaut, aus der die Frühgeborenen in den ersten Lebensmonaten versorgt werden können. „Man weiß heute, dass Kinder, die mit Muttermilch versorgt werden, sich nicht nur besser neurologisch entwickeln, sondern im Laufe ihres Lebens auch weniger anfällig für verschiedene Krankheiten wie Diabetes und allergische Erkrankungen sind“, sagt Oberärztin der Neonatologie, Birte Tröger. „Damit können wir einen wichtigen Beitrag zur optimalen Versorgung der Kinder leisten.“ Die Bank in Bremen ist eine von 55 Frauenmilchbanken, die es bundesweit mittlerweile gibt.

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